
Professor Schmidt, Sie beschaftigen sich mit Zukunftsforschung. Welche Innovationen im Fu?ball werden Ihrer Meinung nach in den nachsten Jahrzehnten am bedeutendsten sein? Professor Sascha Schmidt: „Dank generativer kunstlicher Intelligenz sind Daten heute allgegenwartig – auch im Sport.“ Es werden digitale Doppelganger von Spielern generiert, die das Training, die Stressbewaltigung, die Teamzusammensetzung und die Spielerentwicklung entscheidend beeinflussen durften. Die Technologie wird Prozesse effizienter gestalten und neue Wachstumschancen auch uber den Sport hinaus schaffen. Trotzdem werden sie die Grundlagen des Fu?balls an sich nicht verandern. Viel spannender ist, wie Menschen mit diesen Anderungen umgehen werden. Junge Fans haben verschiedene Medienkonsumgewohnheiten und Bedurfnisse. Fu?ball wird zunehmend Teil der Unterhaltungsbranche und muss um Aufmerksamkeit mit Musik, Filmen und Spielen konkurrieren. Diese Entwicklung wird die Fu?ballwelt grundlegend transformieren. Felicia Matterer: „Es ist faszinierend zu sehen, wie der technologische Fortschritt den Sport weiterentwickelt. Bei den Bayern wird ein technikoptimiertes Radtraining fur das Frauen-Team eingefuhrt. Auch bei Victoria Berlin setzen wir Trackingdaten ein, um unseren Spielern individuelle Unterstutzung anzubieten. Als wir 2022 mit dem Spielen begonnen haben, haben wir digitale Tickets eingefuhrt – damals wurde oft hinterfragt, warum das in der Regionalliga notwendig sei, aber unser Ziel war es, die Fans direkt einzubinden. Zudem nutzen wir KI, um Inhalte zu kreieren und ubertragen alle Heimspiele auf YouTube, um sicherzustellen, dass sie weltweit zuganglich sind.“ Herbert Hainer, Younes Zaru und Professor Schmidt nach dem Gesprach. | Lara Freiburger Younes Zaru: „Ich mochte betonen, wie wichtig Unterhaltung fur die junge Generation ist. Junge Menschen werden immer mehr abgelenkt – wie ich an meiner 11-jahrigen Schwester sehe. In der Royal League haben wir die Spielzeit auf 2 Halften von je 20 Minuten verkurzt. Ich personlich finde 90 Minuten Fu?ball perfekt, da ich damit aufgewachsen bin, doch fur die jungere Zielgruppe gibt es manchmal andere Erwartungen. Vielleicht verandert sich da etwas.“ Herbert Hainer: „Man muss zwischen den Geschehnissen auf dem Spielfeld und dem, was au?erhalb passiert, unterscheiden.“ Naturlich unterstutzt die Technik zum Beispiel die Diagnostik und die Spielvorbereitung, jedoch treffen die Spieler selbst die Entscheidungen auf dem Spielfeld. Wir erleben bereits drastische Veranderungen im Umfeld – beim Ticketverkauf, Stadionerlebnis und in der Unterhaltung. Aber was das Spiel selbst angeht, kann ich mir keinen geklonten Jamal Musiala vorstellen, und ehrlich gesagt fehlt mir die Vorstellungskraft, Roboter auf dem Spielfeld zu sehen. Wir Fans lieben die Unvorhersehbarkeit menschlicher Aktionen. Selbst menschliche Fehler gehoren zum Spiel dazu.“ Jan-Christian Dresen: „Ich bin der Meinung, dass neue Mini-Ligen den traditionellen Eins-gegen-Eins-Fu?ball weder ersetzen konnen noch werden. Solche Formate bieten Unterhaltung wie einst der Budenzauber und haben ihren Reiz. Sie sind jedoch eine Erganzung und keine Alternative zum traditionellen Fu?ball.“ Zaru: „Da stimme ich zu. Kleine Ligen werden weder die Bundesliga noch die Champions League ersetzen, denn die Fans mochten den Fu?ball in seiner vollen Pracht und mit seinen Emotionen erleben. Doch Neuerungen wie im American Football in der NFL, beispielsweise Halbzeitwettbewerbe, werden junge Leute anziehen.“